Wir denken an Manfred Karnetzki. Er wäre heute 90 Jahre alt geworden. Manfred Karnetzki war Pfarrer dieser Gemeinde, Superintendent des Kirchenkreises Zehlendorf, Studienleiter der Evangelischen Akademie Berlin, Direktor des Bildungswerkes unserer Kirche und er war für lange Jahre Vorsitzender der Aktion Sühnezeichen Friedensdienste. Durch all diese verschiedenen Beauftragungen hindurch und dann auch im Ruhestand war er fast 50 Jahre lang Prediger in dieser Johanneskirche hier in Schlachtensee.
Ich will heute nur an den Prediger erinnern. Nachher nach dem Gottesdienst wird noch Gelegenheit sein, dass wir Erinnerungen auch an andere Facetten der Wirksamkeit von Manfred Karnetzki austauschen.
Manfred Karnetzki war ein Prediger mit großem seelsorgerlichen Einfühlungsvermögen und großer Nähe zu den Menschen. Es war keine distanzlose Nähe. In seinen Predigten gab es keine Sätze wie „Das kennen Sie doch auch!“ oder „Das wollen wir doch alle!“
Seine Sprache hat den Zuhörenden, vom biblischen Wort her Räume eröffnet, in welchen sie sich sehr persönlich erreichen lassen konnten und doch auch Distanz gewahrt wurde. Es waren Räume zum eigenen Fragen und Suchen, zum neuen Hoffen und zum neuem Gewiss-Werden.
Vielen Menschen hat Manfred Karnetzki mit seinen Predigten Sprach-, Gebets-, Hoffnungsräume erschlossen, in welchen sie Geborgenheit und Zuversicht gefunden haben für ihr Leben.
Seine Predigtsprache war nicht die Sprache der Behauptung, sondern die Sprache des wagenden Vertrauens und des Erahnens. Nicht der Indikativ, der statisch da steht und sagt: das ist so. Punkt. Sondern der Konjunktiv, der in eine Hoffnung einlädt und davon weiß, dass Gott mehr mit uns vorhat als wir ahnen.
In einer Auslegung zu dem Jesaja-Wort „Gott der HERR hat mir eine Zunge gegeben, wie sie Jünger haben, dass ich wisse, mit den Müden zur rechten Zeit zu reden.“ (Jesaja 50,4) sagt Manfred Karnetzki 1994 in seiner Predigt zu Palmsonntag: „Vielleicht geschieht es an uns, dass wir mit unserem Leben in die Nähe Jesu geraten. Vielleicht werden wir in eigenes oder fremdes Leid hineingezogen und werden dabei unversehens auf die Probe gestellt, ob wir denn in der Liebe bleiben, auch wenn uns Leid und Unrecht widerfährt. Das alles könnte die Zeit und die Gelegenheit sein, dass wir jene Sprache lernen, die wir noch nicht haben, aber die wir brauchen – eine ermutigende und befreiende Sprache. Denn es könnte geschehen, dass wir durchlässig werden für Gott, der zu uns kommen will, wie er schon gekommen ist - menschlich!“
Dazu sagen wir auch heute: Amen.
Lothar Wittkopf