„Gott hat alles schön gemacht zu seiner Zeit, auch hat er die Ewigkeit in ihr Herz gelegt; nur dass der Mensch nicht ergründen kann das Werk, das Gott tut, weder Anfang noch Ende.” (Prediger 3,11)
„Das Gesangbuch weiß Bescheid!“. Diesen Satz schrieb mir eine Freundin vor Kurzem.
Ich gehe zu meinem Bücherregal und schnappe mir das Evangelische Gesangbuch der Bayerischen und Thüringischen Landeskirchen. Es ist um einiges dicker als das Unsrige. Zwischen den Liedern, den neuen und alten, finden sich Texte, Zitate, Sprüche und Gebete verschiedenster Menschen und Anlässe. Sie inspirieren und verblüffen mich immer wieder. Ich war also glücklich, dass meine Freundin mir einmal wieder diesen Hinweis gab: „Das Gesangbuch weiß Bescheid!“.
Sage ja zu den Überraschungen,
die deine Pläne durchkreuzen,
deine Träume zunichte machen,
deinem Tag eine ganz andere Richtung geben,
ja, vielleicht deinem Leben.
Sie sind kein Zufall.
Lass dem himmlischen Vater die Freiheit,
selber den Verlauf deiner Tage und Jahre zu bestimmen.
(Helder Camara)
Als ich nun über den Monatsspruch für September sinnierte, lief mir dieser Text über den Weg. Schon der erste Satz ist eine Augenweide: Sage ja zu den Überraschungen. Das Leben überrascht mich immer wieder, und ich muss gestehen: Überraschungen sind mir nicht das Liebste. In diesem Satz aber „Sage ja zu den Überraschungen“ steckt für mich so viel positive Energie, dass ich direkt Lust auf eine Überraschung bekomme, eine Lust, dass meine Pläne durchkreuzt werden und ich aufbrechen kann zu ungeahnten Pfaden und Abenteuern. Diese durchkreuzten Pläne holen mich aus meinem Alltag, und ich kann anfangen zu träumen. Und wenn ich ehrlich bin, weiß ich auf den ersten Blick gar nicht, woher diese positive und kraftvolle Energie kommt, die ich da verspüre. Denn, wie gesagt, Überraschungen sind eigentlich gar nicht unbedingt meines. Dann wird mir klar: Überraschungen geben eine andere, eine neue Richtung vor. Ich kann mich neu ausrichten. Das schaffe ich oft nicht aus mir selbst heraus, auch wenn ich es gern würde. Bei Überraschungen kann ich meist gar nicht so viel tun, als mich darauf einzulassen, mich durchkreuzen zu lassen und zu sehen, wohin mich diese Überraschung führt, ja, vielleicht in eine ganz andere Richtung und Perspektive hinein.
Nun lese ich diesen Text im Hintergrund von Prediger 3. Dabei trinke ich Tee aus einer meiner Lieblingstassen. In der Tasse zieht sich kreisförmig eine improvisierte Form von „Alles hat seine Zeit“ aus Prediger 3, woher auch dieser Monatsspruch stammt. Ich lese: Ein jegliches hat seine Zeit, Spielen und Pausen einhalten, Einstimmen und Zusammenklingen, Finden und Freigeben, Steigern und Innehalten. Auf diesem Hintergrund höre ich das dritte Kapitel aus dem Buch Prediger noch einmal ganz neu. Ein jegliches hat seine Zeit, und Gott hat alles schön gemacht, zu seiner Zeit, nur dass der Mensch das nicht immer ergründen kann. Nur dass ich das nicht immer verstehen kann, und das flößt mir manches Mal Angst ein. Dann höre ich: ein jegliches hat seine Zeit, Unsicher sein hat seine Zeit, Überraschen und Planverfolgen hat seine Zeit. Aber es ist kein Zufall. „Gott hat alles schön gemacht zu seiner Zeit, auch hat er die Ewigkeit in ihr Herz gelegt; nur dass der Mensch nicht ergründen kann das Werk, das Gott tut, weder Anfang noch Ende.” Aber es ist kein Zufall. Deshalb plädiere ich in diesem Monat für Überraschungen, dafür, sich überraschen zu lassen, Pläne zu durchkreuzen, mal wieder unangekündigte Besuche zu machen, einfach loszufahren, ohne zu wissen, wo es einen hintreibt, wem man wohl begegnen wird. Sage ja zu den Überraschungen. Sie sind kein Zufall.
Ihre Vikarin Elisabeth Schulze